Pandemie-Leugner: Die Spur des Geldes

Eine Initiative sammelt Spenden, um gegen Corona-Maßnahmen zu klagen. netzpolitik.org und das ZDF-Format Frontal_ sind ihrer Spur zu einer Briefkastenfirma in den Niederlanden und einem mutmaßlichen Reichsbürger im Odenwald gefolgt. Ein „Querdenken“-Anwalt spielt dabei eine undurchsichtige Rolle.

Dennis Haberschuss, Geschäftsführer von Medical Research Systems, der Firma hinter „Das Volk gegen Corona“
Dennis Haberschuss, Geschäftsführer von Medical Research Systems, der Firma hinter „Das Volk gegen Corona“ (Bild: ZDF frontal_)

Die Frau mit der Clownsnase zweifelt. Bei der Kundgebung von Corona-Leugner:innen auf dem Kölner Neumarkt kämpft sie sich durch die Menge, bis sie Ralf Ludwig erreicht. Von ihm erhofft sie sich Antworten.

Vor der Corona-Pandemie war Ludwig nur ein kaum bekannter Anwalt aus Leipzig, seither inszeniert er sich als Bürgerrechtler. An diesem Nachmittag plaudert er mit Demo-Teilnehmer:innen, sie machen Bilder, manche vertrauen ihm ihre Ängste an. In der „Querdenken“-Bewegung hat sein Wort Gewicht, auch ihr Initiator Michael Ballweg ist sein Mandant.

Die Frau mit der Clownsnase will mehr wissen über eine Initiative, die im Netz zu Spenden aufruft: „Das Volk gegen Corona“. Sie habe sich nicht getraut, dieser Geld zu schicken, erzählt sie. Ihr Misstrauen könnte gerechtfertigt sein.

Galionsfigur für die „größte Klage der deutschen Geschichte“

Bereits im September hat netzpolitik.org über „Das Volk gegen Corona“ und das Spendenkonto berichtet. Seither haben wir gemeinsam mit dem ZDF-Format Frontal_ zur Intransparenz der Initiative recherchiert. Im Umfeld der „Querdenken“-Bewegung bittet sie um Überweisungen für die vermeintlich „größte Klage der deutschen Geschichte“. Wir haben die Spur einer Briefkastenfirma in den Niederlanden verfolgt und Hintermänner aufgespürt, die seit Jahren Geld an dubiosen Esoterik-Produkten verdienen. Zeitgleich mit diesem Artikel erscheint beim ZDF auf YouTube ein Film, der unsere Recherchen dokumentiert.

Aber als sich die Frau mit der Clownsnase Mitte Oktober bei Ludwig nach „Das Volk gegen Corona“ erkundigt, wiegelt er ab. Zu sehen ist Szene in einem Livestream auf YouTube. „Das unterstütze ich“, sagt Ludwig. „Da können Sie das hin überweisen.“ Aber warum ständen auf der Website ein Ort in den Niederlanden und eine belgische Kontonummer? Der Anwalt sagt: „Ach so, nee, das weiß ich gar nicht, warum da eine belgische IBAN ist.“

Ralf Ludwigs Reaktion ist erstaunlich. Denn er ist nicht nur ein einfacher Unterstützer von „Das Volk gegen Corona“. Man könnte sagen, er ist die Galionsfigur. Der Anwalt ist Schirmherr der Initiative, die Spendengeld im Ausland sammelt. Sein Gesicht prangt auf ihrer Homepage. Dort heißt es auch, er überwache „die ordnungsgemäße Nutzung der Gelder“. Auf Telegram, wo ihn fast 48.000 Menschen abonniert haben, verbreitet Ludwig die Botschaften der Initiative weiter.

Träumen vom Vernichtungsschmerz

Auf seiner Website spielt „Das Volk gegen Corona“ die Pandemie herunter, durch die in diesem Jahr fast eineinhalb Millionen Menschen gestorben sind. Behauptet wird stattdessen, entsprechende Zahlen seien manipuliert – eine Verschwörungserzählung. „Das Volk gegen Corona“ will nicht gegen Corona vorgehen, sondern gegen diejenigen, die das Virus und seine Ausbreitung bekämpfen.

Nach eigenen Angaben plant die Initiative, den Virologen Christian Drosten und das Robert Koch-Institut vor Gericht zu zerren, weil sie die Bundesregierung schlecht beraten hätten. Die Hinterleute schreiben, „der finanzielle Leidensdruck und die Angst, dass wir obsiegen könnten, werden für diese Personen ein Vernichtungsschmerz“ sein.

Es ist unwahrscheinlich, dass es so weit kommen wird. Obwohl „Das Volk gegen Corona“ bereits im Sommer die Arbeit aufgenommen haben soll, kann die Initiative kaum etwas vorweisen. Sie kündigte etwa an, Gutachten zu beauftragen, damit eine ominöse „Wahrheit“ ans Licht komme. Bis heute hat sie keine Auftragsvergabe vermeldet.

Überweisungen nach Belgien, Geld in die Niederlande

Trotzdem bittet sie seit Monaten um Spenden, zu überweisen an eine belgische Kontonummer. Diese gehört einer Briefkastenfirma in den Niederlanden mit dem Namen Medical Research Systems. Laut eigener Darstellung sammelt sie das Geld im Ausland, um dem deutschen Staat eine „Blockade zu erschweren“. Geschäftsführer ist ein Mann namens Dennis Haberschuss. Im Impressum der Website wird er erst erwähnt, nachdem wir über seine Beteiligung berichtet haben.

„Wir sind für völlige Transparenz“, beteuert „Das Volk gegen Corona“ im Netz. Wie unsere Recherchen zeigen, hat dies offenbar wenig mit der Wirklichkeit zu tun.

„Es ist weder erkennbar, wer konkret für diese Firma Verantwortung trägt, noch ob es etwa Aufsichtsgremien innerhalb dieser Organisationen gibt“, sagt Burkhard Wilke vom Deutschen Zentralinstitut für soziale Fragen. Die Einrichtung prüft gemeinnützige Organisationen und vergibt Spenden-Siegel. Bei „Das Volk gegen Corona“ seien hinsichtlich der Transparenz Fragen offen.

„Für viele Menschen sind Schirmherren letztlich die entscheidende Vertrauensbrücke zu einer Organisation“, sagt Wilke. Spender:innen müssten sich darauf verlassen können, dass ein Schirmherr die Funktionsweise der Spendensammlung gewissenhaft überprüft habe.

Aber wie kann der Schirmherr Ralf Ludwig die Spendensammlung koordinieren und die ordnungsgemäße Nutzung der Gelder überwachen, wenn er – wie er der Frau mit der Clownsnase sagt – noch nicht einmal von dem Spendenkonto im Ausland weiß?

Ralf Ludwig
„Querdenken“-Anwalt Ralf Ludwig (Bild: ZDF frontal_)

Eine ganz normale Firma?

Der Anwalt beantwortet keine einzige der Fragen, die wir ihm im September per E-Mail schicken. Stattdessen verspricht er eine Pressekonferenz, in der von uns kontaktierte Unternehmen und Privatpersonen alle Hintergründe „mit maximaler Transparenz“ öffentlich machen würden. Aber sie fand bis heute nicht statt.

Also sprechen wir Ludwig Ende Oktober am Rande einer Kundgebung vor dem Brandenburger Tor auf „Das Volk gegen Corona“ an. Er sagt, er wisse nicht, wie viel Geld bereits bei der Initiative eingegangen sei, würde aber auch keine Zahlen nennen. Er habe mit den Hinterleuten der Initiative einen Vertrag geschlossen. Darin sei festgelegt, dass er entscheiden dürfe, wie Spendengelder verwendet werden. Wo diese gesammelt werden, ist für den Anwalt anscheinend unerheblich. „Ich muss doch nicht wissen, auf welches Konto das geht!“

Auch an Medical Research Systems sieht er nichts Fragwürdiges. „Die Firma, die quasi das Geld einsammelt – das ist alles ganz normal.“

Recherchen von netzpolitik.org und Frontal_ wecken Zweifel an dieser Beurteilung. Wir sind in die Niederlande gefahren und haben selbst nach Antworten gesucht, in einer Stadt, in der Medical Research Systems im Juli gegründet wurde, rund 60 Kilometer westlich von Köln.

Ein Briefkasten für 27 Firmen

Zacken auf dem Metallzaun sollen das einstöckige Gebäude am Stadtrand von Kerkrade vor ungebetenen Gästen schützen. Dort firmiert Black Pearl Offshore Limited, das Unternehmen verkauft Neugründungen als Dienstleistung. Auf seiner Website heißt es, die Anmeldung einer Firma dauere bloß 30 Minuten, Geschäftsführer:innen müssten dazu persönlich erscheinen. „Anschließend können Sie wieder nach Hause fahren.“

Dem Anschein nach hat Dennis Haberschuss, der rund dreieinhalb Autostunden entfernt in Hessen lebt, eine solche Dienstleistung in Anspruch genommen. Der Name von Medical Research Systems steht auf einem Briefkasten in Kerkrade. Nur stehen auf demselben Briefkasten auch noch 26 weitere Firmennamen, für die Black Pearl Offshore Limited zuständig sein soll. Im Handelsregister sind an der Adresse mehr als 50 Unternehmen eingetragen.

Eine Frau öffnet uns die Türe. Medical Research Systems sei nicht mehr hier, sagt sie. „Die haben eine neue Adresse.“

Diesen Briefkasten finden wir in Kerkrade. Aufgelistet sind 27 Firmen, darunter auch Medical Research Systems.
Diesen Briefkasten finden wir in Kerkrade. Aufgelistet sind 27 Firmen, darunter auch Medical Research Systems. (Bild: ZDF frontal_)

Noch kein Mietvertrag

Die Firma hinter „Das Volk gegen Corona“ ist in eine andere Stadt umgezogen. Die „größte Klage in der deutschen Geschichte“ soll jetzt 50 Kilometer weiter nördlich im niederländischen Swalmen vorbereitet werden. Zumindest auf dem Papier. Denn gesehen hat Haberschuss dort offenbar noch niemand.

An der neuen Anschrift sind sogar noch mehr Unternehmen registriert als zuvor in Kerkrade. Tatsächlich seien vor fünf Wochen per Post Unterlagen zum Umzug eingegangen, erzählt uns Anfang dieser Woche der Geschäftsführer einer im selben Gebäude ansässigen Firma. Den Schlüssel für das 25 Quadratmeter große Büro soll noch niemand abgeholt haben. Nun warte man darauf, dass Dennis Haberschuss vorbeikomme, um den Mietvertrag zu unterschreiben.

Nach Informationen von netzpolitik.org und Frontal_ hat der Mann hinter „Das Volk gegen Corona“ offenbar per E-Mail darum gebeten, den Einzug zu verlegen. Haberschuss soll dies mit „weltweiten Entwicklungen“ begründet haben – also wohl mit derselben Pandemie, deren Gefährlichkeit seine Initiative auf ihrer Website konsequent verharmlost.

Ob die Initiative wirklich ein Büro in Swalmen beziehen wird, ist unklar. Vor Ort heißt es, Dennis Haberschuss habe einen neuen Terminvorschlag für den Dezember nicht bestätigt.

In dieses Bürogebäude in Swalmen wollte Medical Research Systems einziehen – hat bislang aber wohl keinen Mietvertrag abgeschlossen.
In dieses Bürogebäude in Swalmen wollte Medical Research Systems einziehen – hat bislang aber wohl keinen Mietvertrag abgeschlossen. (Bild: ZDF frontal_)

Keine Antworten

Auch auf unsere E-Mails reagiert Haberschuss nicht. Seit Monaten versuchen wir, von ihm Antworten zu erhalten. Gefragt haben wir zu der Transparenz, die seine Initiative im Netz zusichert. Wer die Nummer auf der Website von „Das Volk gegen Corona“ anruft, den wimmelt eine Computerstimme vom Band ab. Man sei beschäftigt und könne nicht ans Telefon gehen. Es wird aufgelegt.

Gemeldet ist Haberschuss in Bad König im Odenwaldkreis, in einem Neubaugebiet mit cremefarbenen Häusern und Buchsbaumhecken. An einem Dienstagnachmittag im November sind die Rollläden seiner Wohnung heruntergelassen, er ist nicht zu Hause. Aber dann biegt er mit dem Auto in die Einfahrt ein, ein 41-jähriger Mann mit Stoppelfrisur und Anglerweste.

Habe er kurz Zeit für ein Gespräch? Haberschuss will nicht. Er fuchtelt mit seinen Schlüsseln in der Luft herum. „Sie verschwinden aus meinem persönlichen Bereich!“ Schon fällt die Haustür ins Schloss.

Der zweite Mann

Haberschuss ist nicht die einzige Person, die an „Das Volk gegen Corona“ beteiligt ist. Wir haben Metadaten sämtlicher Unterseiten ausgewertet, diese wurden demnach fast alle von Haberschuss erstellt. Aber einmal taucht im Quelltext als Autor ein anderer Name auf: „Ingo“.

In den Metadaten der Website von „Das Volk gegen Corona“ taucht ein zweiter Name auf: Ingo.
In den Metadaten der Website von „Das Volk gegen Corona“ taucht ein zweiter Name auf: Ingo. (Bild: Screenshot netzpolitik.org)

Auch die niederländische Telefonnummer, die für Medical Research Systems im Handelsregister hinterlegt ist, leitet auf den Anschluss eines Mannes weiter, der diesen Namen trägt: Ingo G. Er wohnt in derselben Stadt wie Haberschuss. Seine beiden Deutschen Schäferhunde bellen uns hinter einem Eisentor an. Ingo G. sei nicht zu sprechen, sagt seine Frau. Wir sollen einen Termin machen.

Aber zu einem Termin kommt es nicht. Die Rolle des zweiten Mannes hinter „Das Volk gegen Corona“ bleibt unklar. Er streitet seine Beteiligung an der Initiative nicht ab, will aber keine Fragen beantworten, schon gar nicht zu den Spendengeldern, die Medical Research Systems im Ausland sammelt. „Das gehört zum operativen Geschäft“, sagt er am Telefon.

G. schlägt uns vor, mit seinem Anwalt zu reden, verrät jedoch nicht, wie man diesen kontaktieren könne. Stattdessen droht er. „Ich warte jetzt ab, bis Sie einen Fehler machen und dann schieße ich aus allen Rohren.“

Auch auf der Website von „Das Volk gegen Corona“ klingt der Ärger der Hintermänner durch. Was dort steht, wirkt wie ein Rachefeldzug. „Es ist Zeit, genauso kollektiv zurückzuschlagen, wie man uns mit den Corona-Verordnungen getroffen hat – egal ob KFZ-Mechaniker, Einzelhändler, Gastronom, Schausteller, Landwirt oder Club-Betreiber.“ Die Initiative fordert den „Mittelstand“ auf, sich der Klage anzuschließen.

Es ist wahrscheinlich, dass die Schutzmaßnahmen auch für Ingo G. finanzielle Verluste bedeuten. Seiner Frau gehört eine Firma, die in Hessen einen Sex-Club betreibt. Aber in dem Bundesland sind Prostitutionsstätten seit März durchgängig geschlossen. „Die Events sind bis auf Weiteres abgesagt“, steht auch auf der Homepage eines Bordells an der Wohnadresse von Ingo G.

Geld mit Esoterik

Kennengelernt haben sich Dennis Haberschuss und Ingo G. schon vor Jahren. Seit langer Zeit mischen sie nach Recherchen von netzpolitik.org und Frontal_ in der deutschen Esoterik-Szene mit. Haberschuss betreute eine Reihe entsprechender Websites als technischer Administrator, G. veranstaltete mehrere Esoterik-Kongresse. Auch prominente Verschwörungsideolog:innen und Größen der neuen Rechten wie Eva Herman traten bei ihm auf, Fotos zeigen den zweiten Mann hinter „Das Volk gegen Corona“ in solcher Gesellschaft.

Haberschuss und G. waren auch am Vertrieb eines pseudo-wissenschaftlichen Geräts namens „Lebensfeldstabilisator“ beteiligt. Der Produktbeschreibung zufolge erzeugt es Magnetfelder, die sich auf die Gesundheit auswirken, Anwender:innen sollten es wie ein Amulett um den Hals tragen. Dass ein „Lebensfeldstabilisator“ tatsächlich irgendetwas bewirkt, ist unbelegt. Im Webshop kostet er trotzdem 299 Euro.

Mit Esoterik lasse sich eine Menge Geld verdienen, sagt die Sozialwissenschaftlerin Claudia Barth. An der Hochschule Esslingen untersucht sie esoterische Strömungen und hat auch die Entwicklungen im Umfeld der „Querdenken“-Bewegung genau beobachtet. Für ihre Forschung hat sie Demonstrationen besucht und mit Teilnehmenden gesprochen. Auffällig viele Menschen in dieser Szene seien demnach anfällig für Esoterik. „Es war fast durch die Bank so, dass sich die Leute dort spirituell-esoterisch verortet haben.“

Diese Weltanschauung scheint unter Corona-Leugner:innen ein großer Gleichmacher zu sein. Viele von ihnen seien zudem zuvor eher unpolitisch gewesen, sagt Barth. In der „Querdenken“-Bewegung sieht sie viele Angehörige einer Mittelschicht, die nun in der Pandemie den gesellschaftlichen Abstieg fürchten. Es sind solche Menschen, an die Dennis Haberschuss und Ingo G. den „Lebensfeldstabilisator“ vertrieben haben und die nun wohl Geld an „Das Volk gegen Corona“ überweisen sollen.

Reichsbürger und Selbstverwalter

Claudia Barth warnt davor, dass ein Teil der Esoterik-Szene rechtsradikal sei. Zudem gebe es Überschneidungen mit Reichsbürgern. Diese glauben, Deutschland sei seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs von den Alliierten besetzt und die Bundesrepublik damit kein souveräner Staat.

Auch Dennis Haberschuss ist mit Aussagen aufgefallen, die dieser Ideologie ähneln. Auf Twitter schrieb er auf Englisch von „Merkel und ihren Terrorist:innen“, im April bat er US-Präsident Donald Trump als vermeintlichen „Oberbefehlshaber der Besatzung“, er möge seine Soldat:innen nach Berlin schicken und „die korrupte Pseudo-Regierung“ eliminieren.

Ende August protestierte Haberschuss in Berlin gegen die Corona-Maßnahmen, ein Foto zeigt ihn auf der Friedrichstraße. Im Demonstrationszug, dem er sich anschloss, marschierten auch Teilnehmer:innen mit schwarz-weiß-roten Flaggen, wie Reichsbürger sie häufig nutzen.

Das hessische Landesamt für Verfassungsschutz wollte sich gegenüber netzpolitik.org und Frontal_ aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht zu Haberschuss äußern. In einer allgemein gehaltenen Aussage teilte der Geheimdienst mit, er habe auch Personen aus Hessen festgestellt, die als Reichsbürger und Selbstverwalter bewertet würden und in Berlin demonstriert hätten.

Das autarke Volk gegen Corona

Weiß Schirmherr Ralf Ludwig von der ideologischen Nähe, in die sich Haberschuss mit seinen Äußerungen auf Twitter begeben hat? Als wir ihn darauf ansprechen, streitet er dies ab. „Wenn jemand von ‚eliminieren‘ spricht, ist das natürlich ein Problem“, sagt er. Von Aufrufen zu Gewalt distanziere er sich, er wolle Haberschuss in dieser Angelegenheit kontaktieren.

Aber Wochen vergehen und die Tweets an den US-Präsidenten bleiben im Netz, währenddessen wirbt Ludwig auf seinen Kanälen weiter für „Das Volk gegen Corona“.

Am Dienstagabend teilt der Anwalt auf Telegram das jüngste Video der Initiative, das diese über ihren YouTube-Kanal veröffentlicht hat. Es scheint eine bizarre Wendung darzustellen. Denn der knapp 24 Minuten lange Film handelt nicht mehr von der Klage, für die Medical Research Systems seit dem Sommer um Überweisungen bittet.

Stattdessen spricht eine Heilpraktikerin auf einmal von „Visionen für Menschen, die aus dem alten System ausbrechen möchten und eine neue Form, eine neue Gesellschaft auf Erden aufbauen wollen“, in der sie „im Einklang mit der Natur“ leben können.

Die „Visionen“ erinnern im Ansatz an völkische Siedlungsprojekte wie im Umfeld der rechts-esoterischen Anastasia-Bewegung und Scheinstaaten wie das „Fürstentum Germania“, in das Dennis Haberschuss’ Vater involviert war. „Bei Reichsbürgern, Selbstverwaltern und Anastasia-Anhängern waren in den letzten Jahren bereits starke Tendenzen in Richtung Verschwörungsfantasien und Esoterik erkennbar“, teilt der Verfassungsschutz Brandenburg auf Anfrage mit.

In dem neuen YouTube-Video verkündet die Heilpraktikerin, viele seien auf der Suche nach alternativen Lebensformen. „Das Volk gegen Corona“ wolle diese Menschen jetzt unterstützten. Auch ihr Interviewgast – ein österreichischer Arzt mit Berufsverbot und einer Vergangenheit als Guru – träumt davon, „kleine Gemeinschaften aufzubauen, die autark sind“. Er soll nun ebenfalls von der Initiative unterstützt werden, wie es in dem Video heißt.

Was all das noch mit der Pandemie zu tun haben soll, wird nicht ersichtlich. Aber unter dem YouTube-Video steht eine Bankverbindung. Es ist das Spendenkonto, bei dem der Frau mit der Clownsnase Zweifel gekommen sind.


Textlizenz: Creative Commons BY-NC-SA 4.0

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